Erinnerungen einer Lehrerin an den Holocaust
Mit einem Vorwort von Verena Dohrn - Aus dem Jiddischen übersetzt von Kay Schweigmann-Greve
Paje Wapner, am 3. Dezember 1921 geboren, erlebt in dem polnisch regierten Wilna, dem “Jerusalem Litauensâ€, eine unbeschwerte Kindheit. Sie wächst im Umfeld der 1897 in Wilna gegründeten jüdischen Arbeiterbewegung auf, die im Algemejnen Jidischn Arbeterbund fun Lite, Poiln und Rusland, kurz Bund genannt, organisiert ist. Vor dem Ersten Weltkrieg unter russischer Herrschaft, entwickelte sich die Stadt zu einem Zentrum moderner jiddischer und hebräischer Kultur mit Verlagen, Presse, Schulen, Vereinen und Parteien. Ende der 1930er Jahre stellten die mehr als 70.000 Juden in Wilna neben je 60.000 Litauern und Polen die relative Mehrheit der 200.000 Einwohner umfassenden Bevölkerung. Paje Warpner erzählt von den Schulen und Klubs, dem Jidischn Wisnschaftlechn Institut und dem jiddischen Theater. Orthodoxe, Zionisten und Jiddischisten, geführt von den “Bundistenâ€, konkurrierten unter anderem im Schulwesen miteinander. Paje besuchte das jiddische Realgymnasium am Rande der Altstadt und wuchs in einer Familie auf, die “bundistisch†orientiert war. Um den Bund sammelte sich die arbeitende arme Bevölkerung. Der Bruder war “Bundistâ€, sie selbst Mitglied der 1926 in Wilna ins Leben gerufenen Jugendorganisation des Bundes.
Das Jahr 1939 bedeutete einen historischen und einen biographischen Wendepunkt im Leben von Paje. Der Einmarsch der Roten Armee im September 1939 sowie der deutschen Wehrmacht im Juni 1941 bereiten ihrer Kind- und Jugendzeit ein jähes Ende. Gerade hat sie ihre Ausbildung zur Grundschullelhrerin abgeschlossen, doch ihr Weg führt ins Ghetto. Als Lehrerin versucht sie, Kindern zu helfen, und beteiligt sich an den Vorbereitungen eines Aufstandes, der jedoch misslingt. Die Deutschen üben grausame Rache. Hunger, Leiden und Erniedrigungen bestimmen Pajes Alltag in den Konzentrationslagern Stutthoff und Burggraben. Ihre Eltern und ihr Bruder werden ermordet - sie aber überlebt. Allein geht sie nach ihrer Befreiung zunächst nach Warschau und wandert später nach Argentinien aus, wo sie in den 1950er Jahren ins bürgerliche Leben zurückfindet. Aber sie kann nicht vergessen und fängt an zu schreiben: Erinnerungen einer tapferen jungen Frau, die nie die Hoffnung aufgegeben hat - unspektakulär, von literarischer Qualität und erzählt, als sei es gestern geschehen.
96 Seiten, 47 Abbildungen, Paperback