Hrsg. vom Landesmuseum Oldenburg
Seine wohl schwierigste Zeit, und zugleich seine am wenigsten bekannte: Heinrich Vogeler, der Worpsweder Maler und berühmte Jugendstil-Künstler zieht 1914 als Freiwilliger in den Ersten Weltkrieg - und kehrt als radikaler Pazifist zurück. Bis zu seinem berühmten „Brief an den Kaiser“ ist er, „wenn auch nicht mehr im Herzen, das, was er später einen ‚Konjunkturmenschen‘ oder auch einen ‚Impresssionisten‘ genannt hat: ein Mensch, der sich in der Welt einrichtet, sich von ihr lenken, beugen, biegen und bezahlen läßt, ohne nach ihrer Rechtmäßigkeit zu fragen; ein Künstler, der sie verschönt und damit bestätigt“ (Antje Gerlach). Das soeben im Bremer Donat Verlag erschienene Buch von Bernd Küster beschreibt Vogelers „künstlerische Wandlung“, wie er im Verlauf des Krieges zu einer klaren Absage an die vertraute Gesellschaft gelangt und er seiner Auffassung von Kunst, Gesellschaft und Politik eine neue Richtung gibt. Er nimmt Abschied von seinen verträumten Bildwelten, in denen wogende Zweige in das phantastische Gefieder von Vögeln übergehen - ein „schöner Vorhang, der die Wirklichkeit verhüllt“, wie er selbst einmal schreibt.
Auch im Krieg bleibt der Ausnahmekünstler stets produktiv, er illustriert und zeichnet zerstörte Städte und Dörfer, ob an der Westfront in Frankreich oder an östlichen Kriegsschauplätzen. Dabei hält er sich fern von jeglicher Kriegspropaganda, wie dem Buch, das in einem bisher nicht gebotenen Umfang die von 1914 bis 1918 entstandenen Arbeiten Vogelers dokumentiert, zu entnehmen ist. Aus christlich-ethischen Motiven rebelliert er im Januar 1918 gegen die Sinnlosigkeit des Massensterbens. Seine durchlittene Erfahrung des unnötig verlängerten Völkermordens macht ihn zum unumkehrbaren Pazifisten und Sozialisten. Mit bewundernswerter Konsequenz tritt er fortan für eine friedvollere und gerechtere Welt ein, durch alle Enttäuschungen und Verirrungen hindurch. Dem Haß setzt er das „Werden“ von Friede und Liebe entgegen. Er verzichtet fortan auf privates Glück, auf eine gesicherte Existenz und auf seine weitere künstlerische Karriere. In einer anderen Epoche geboren, schreibt Bernd Küster, „wäre aus Vogeler vielleicht ein bedeutenderer Künstler geworden, aber kein größerer Mensch.“
„Um es vorwegzunehmen: das Buch, anders als viele großformatige und schwerlastige Hochglanzwerke, glänzt bei angemessen bescheidenem Format und überschaubarem Umfang mit einer vorbildlichen Bearbeitung des Themas. Dies gilt zunächst für die grafische Gestaltung, die im Wechsel von Text und stets hochwertiger Abbildung den Leser mit Werkstücken und Dokumenten durch die für Vogeler so wichtigen Kriegsjahre geleitet. Dies gilt aber insbesondere auch für den von Bernd Küster verantworteten Text … Nach der Lektüre kommt man kaum umhin, für Vogelers Lebensweg den Ersten Weltkrieg als den entscheidenden Wendepunkt anzusehen. Er trennte Jugendstil von Expressionismus, Frieden von Krieg und die bürgerliche Welt vom sozialistischen Experiment.“ (Bremisches Jahrbuch)
„Es lohnt sich allemal, Vogeler als Pazifisten neu zu entdecken. Seiner Zeit weit vorausschauend, sah er weiteres Unheil kommen. Er blieb ein einsamer Mahner und Forderer für den bedingungslosen Frieden, der für sein Engagement auf privates Glück, gesicherte Existenz und Karriere verzichtete. Ob Bremen dem ‚großen Vogeler‘ mal ein Denkmal setzt und nicht nur die Güldenkammer als solches betrachtet?“ (Syker Kreiszeitung)
111 Seiten, 127 Abbildungen (davon 45 in Farbe), Klappenbroschur mit Fadenheftung