Eine ungewöhnliche und beeindruckende Zusammenstellung von etwa 200 Artikeln aus der deutschsprachigen Tagespresse (Deutschland, Österreich und die Schweiz) zur Armenierfrage von 1912 bis 1922: überaus differenziert, authentisch und in ihrem Facettenreichtum kaum zu überbieten. Jeder weiß: Presse ist Öffentlichkeit. Wer damals die Zeitungen las, wusste Bescheid. Niemand kann sagen, nicht informiert gewesen zu sein. Von Beginn an war alles bekannt - auch und gerade den politisch Verantwortlichen. Am Tatbestand des Völkermordes an den Armeniern gab und gibt es keinen Zweifel. Und was haben sie getan? Nichts bis viel, jedoch viel zu wenig.
Die anspruchsvolle und kenntnisreiche Dokumentation zeigt u. a. das Gewebe der Verflechtungen auf, in das einbezogen sind: die Türkei, die Kurden, Russland, England, Frankreich, Italien, Syrien, der Balkan, der Vatikan, Österreich-Ungarn, die USA und die Schweiz, der Völkerbund sowie Deutschland mit seinen politischen Interessen als Urheber des Ersten Weltkrieges, Verbündeter des Osmanischen Reiches und dessen Erschließung als Wirtschaftsraum für das Kaiserreich durch die Bagdadbahn. Ergreifend sind die Schilderungen über den Todesmarsch der Armenier. Bewegend am Schluss ist auch die Berichterstattung über den Prozess des Mordes an dem Großwesir und Innenminister Talaat Pascha von dem Armenier Salomon Teilirian, der - eine Großtat in der deutschen Rechtsgeschichte - mit einem Freispruch endete. Das Nachwort von Wolfgang Gust widerlegt die Leugnung des Völkermordes.
(= Schriftenreihe Geschichte & Frieden, Bd. 33)
448 S., Hardcover